WM 2002: „Normale Härte“
US-44 Ron Sherry Weltmeister 2002.
(26.02.2002/mb) Es war wie so oft beim Eissegel-Sport: Die WM der DN Klasse, der hochkarätigsten und am weitesten verbreiteten Schlittenart überhaupt, sollte in Polen stattfinden. Aber die Luft dort war zu warm, das Eis schmolz. Die polnische Organisation unter Leitung von Stan Macur mußte umziehen. Eine gut besegelbare Fläche wurde in Haapsalu, Estland gefunden.
Der ganz normale Wahnsinn kurzfristiger Reiseplanung setzte ein. Bohni, (G-737) holte unsere amerikanischen Segelfreunde in Frankfurt/M vom Flieger ab und erklärte Ihnen zunächst mal, wo in Europa dieses kleine Estland liegt. Hektische Erkundigungen. Fährt man auf dem Landweg über Polen, Litauen, Lettland/Riga nach Estland oder lieber mit der Fähre über Schweden. Manch einer machte auch den Doppelwhopper. Erstmal Party von Stockholm nach Helsinki, dann gutes Büffet von Helsinki nach Tallin. Jedenfalls zog der DN Tross fast geschlossen nach Haapsalu. Nur unsere süddeutschen Freunde schwächelten. Dafür kamen die Schweizer und auch sonst noch 17 andere Nationen. Erstmals auch Norweger und die mit dem „T“ (Lithuania).
Die Rennen wurden schließlich zwischen dem 18. und 22. Februar ausgesegelt. Es konnten leider nicht alle Wettfahrten, wie geplant, gefahren werden. Stürmischer Wind brach die große Fläche auseinander und am Ende der Veranstaltung bildete sich ein breiter Riß direkt hinter dem Takelplatz. Die besegelbare Fläche wurde immer kleiner.
Das letzte Rennen war unglaublich spannend und verdient hier noch einmal besondere Betrachtung. Nach der ersten Leetonnenrundung lag Mikael Burzcinski vorn. Er wurde allerdings nach der Rundung (er trieb nach aussen weg) von Ron Sherry überholt und abgedeckt und gleich in Ron´s Windschatten fuhr ihm noch Karol über den Lappen. Davon konnte Mikael, für den es wohl auch eine kleine Prise zuviel Wind war, sich nicht erholen. Er gab damit die zwischenzeitliche Führung im Gesamtklassement ab. Der Wind nahm weiter zu. Die C-Flotte legte noch ein Rennen mit bis zu 15m/sec hin, schierer Überlebenswillen war gefragt, wie Henning Schillert G-499 mir berichtete. Sein selbst gebautes Equipment hielt jedenfalls im Gegensatz zu einigen anderen, professionell (?? –jedenfalls gegen harte Währung) gefertigten Schlitten. Banges Warten für die Goldgruppe bis Stan Macur die WM offiziell für beendet erklärte. Ein Jubelschrei von Ron Sherry, US-44. Zum zweiten Mal Weltmeister und wieder in Europa! Wer den sympathischen Segler schon 1982 am Wittensee kennengelernt hatte, gönnt ihm den Erfolg. Immer lustig, immer bescheiden. Ein wenig betrübt zwar über die hiesige „Mafia“, die weitgehend verhindert, daß sich seine Ausrüstung auch bei uns durchsetzt. Immerhin lebt er davon, hat Frau und Kinder und diesen dankte er in seinem „Speech“ ganz besonders. Natürlich auch den Freunden aus Bad Zwischenahn, die ihm den Reisestress ab Frankfurt abnahmen. Nicht so prickelnd der Speech von Tomas Lindgren. Ein wenig sauer, daß er es wieder nicht auf den Thron geschafft hatte, drohte er uns damit, wieder zu kommen, es weiter zu versuchen. Wir freuen uns natürlich, den Tomas (S-81) bleibt die Messmarke. Karol Jablonski wurde zweiter der WM 2002. Der Kieler Bernd Zeiger (G-107) wurde Gesamtsechster.
Der letzte Tag der WM war derart windig, dass sich die Schlitten trotz Kufenbremse ohne ihre Piloten übers Eis auf und davon machten. Masten mussten gelegt werden. Es gab sogar einen Schaden in der Sicherheitszone, ein Schlitten konnte nicht von seinem österreichischen Piloten gehalten werden und er rauschte direkt in das bekannte, pinkfarbene Boot hinein. Große Traurigkeit bei Dan Schütte´s Freundin. Der schöne Schlitten war nicht mehr segelbar. Die Presse berichtete noch, dass zeitgleich mit der WM die DN Klasse bei den olympischen Winterspielen in Salt Lake City ein Demo-Rennen hinlegen sollte. Diese olympische Show wurde in der Klasse heiß diskutiert, bis sie schließlich auf eine andere Art aufs Eis gelegt wurde. Die Disziplin Eissegeln ist einfach für olympische und damit mediale Zwecke zu wenig planbar, meinen Experten.
Bericht aus der Yacht-online
Überarbeitet von Manfred DN G-99